Die aktuellen Meldungen des Ruderclub Hansa Dortmund
Sicherheit auf dem Wasser: Rudern im Winter
Zu Beginn der kalten Jahreszeit ein Hinweis auf die Gefahren des Ruderns im Winter. Empfohlen wird das Tragen von Schwimmwesten, insbesondere im Kleinboot.
Seitdem das Rudern ein Ganzjahressport geworden ist, können die Trainingsleute auf das Wassertraining im Winter nicht mehr verzichten. Die helle Tageszeit wird ausgenutzt so gut es geht. Aber auch die Freizeitsportler verzichten vor allem am Wochenende bei trockenem Wetter nur ungern auf die Ausfahrten im Boot. Dagegen ist prinzipiell auch nichts einzuwenden, wenn man sich über einige Fakten und Vorsichtsmaßnahmen im Klaren ist.
Besondere Vorsicht ist immer geboten, um das Eintauchen des Körpers ins kalte Wasser zu vermeiden. Auch hervorragende und erfahrene Ruderer können vor dem Kentern oder einem Vollschlagen ihres Bootes nie ganz sicher sein. Ein Bruch oder Aufspringen der Dolle, ein Wegrutschen des Klemmrings oder das Auffahren auf im Wasser treibende Gegenstände kann gerade im Kleinboot leicht zum Kentern führen. Ein Vollschlagen von Renn- und Gig-Großbooten durch starken Wellenschlag kann bei zu gering dimensionierten Auftriebskörpern die Mannschaft schnell ins kalte Wasser zwingen.
Die möglichen Folgen und Folgerungen eines solchen Unglücks sind zusammengestellt aus Artikeln im Rudersport 24/2005 und 1/2006 sowie einem Artikel aus Kanusport 3/2006.
"Kanadische und britische Studien haben gezeigt, dass 60% der Ertrinkungsfälle in den ersten 15 Minuten passierten" "An Unterkühlung sterben nur gut ein Drittel aller tödlich Verunglückten." "Dabei gingen 63 Prozent der Unfallopfer in einem Abstand von weniger als 15 Meter zum Ufer unter. Viele waren nicht imstande, auch nur die letzten zwei Meter zu schwimmen." Diese Zahlen schockieren, sind kaum zu glauben. Worin liegen aber die Ursachen hierfür?
- Der Kälteschock: "Mit dem Eintauchen in kaltes Wasser werden Nervenendigungen in der Haut gereizt und lösen unmittelbar eine reflexartige Reaktion aus." Kaum kontrollierbar beginnt ein sehr tiefer Atemzug, der, ist der Kopf noch unter Wasser, zum Inhalieren von Wasser, zu einem akuten Lungenversagen und sofort zum Ertrinken führen kann. Auch ein nicht unterdrückbares schnelles Atmen nach ca. 30 60 Sekunden kann zu Krämpfen führen. Das vermehrte Abatmen von CO2 bei der unkontrollierten Hyperventilation führt zu Muskelzittern, Taubheitsgefühlen und einer Minderung der Gehirndurchblutung, was eine rasche Handlungsunfähigkeit zur Folge hat. Wenn der Kopf plötzlich vollständig unter Wasser gerät, kann es zum Verlust der Atemkontrolle und auch nach dem Auftauchen zur kurzfristigen Atemblockade kommen.
Schon bei nur 150 Celsius Wassertemperatur vermindert sich die Fähigkeit, die Luft anzuhalten um ca. 70%. In 50 C kaltem Wasser findet man eine Reduktion von 45 auf nur noch 9,5 Sekunden. Dies und auch der "Kälteschmerz" können sehr schnell zur Panik führen, ein dadurch hervorgerufenes, plötzliches starkes Ausschütten von Stresshormonen kann bei vorgeschädigtem Herzen den Tod durch Infarkt zur Folge haben.Dringt kaltes Wasser in die Ohren, wird das Gleichgewichtsgefühl beeinträchtigt, was einen Orientierungsverlust zur Folge hat. Man weiß nicht mehr, wo oben und unten ist und taucht z.B. tiefer statt nach oben. - Das Schwimmversagen: Werden Muskeln und Nerven kälter, kommt es zu einem rapiden Kraftverlust. Nach 3 - 30 Minuten im Wasser unter 15 Grad kommt es zum Verlust "des Streckvermögens, aber auch der gesamten Koordination von Schwimmbewegungen, bis zum völligen Schwimmversagen und zum Ertrinken." Dies erklärt, warum sich in Großbritannien 55% der Ertrinkungsunfälle innerhalb von 3m Entfernung von der Rettungsmöglichkeit (Boot, Ufer) ereigneten.
- Die Unterkühlung: Sie hängt von vielen Faktoren ab: von Wassertemperatur und Kleidung, Seegang und Strömung, Produktion von Körperwärme durch Kältezittern und Bewegung, dem Verhältnis von Körpermaß zur Körperoberfläche, der Dicke des Unterhautfettgewebes, von körperlicher Fitness, von vorheriger Nahrungsaufnahme, Körperposition im Wasser sowie der Willensstärke des Verunglückten. Der vorherige Genuss von Alkohol beschleunigt die Abkühlung durch die Erweiterung der peripheren Adern.
- Kollaps nach Rettung: Auch Stunden nach der Bergung aus dem Wasser ereignen sich noch viele Todesfälle. Als Ursachen werden der Verlust der Kreislaufstabilisierung durch das Wasser, ein Mangel an Kreislaufvolumen, Bluteindickung, Unterkühlung des Herzens sowie der psychische Stress genannt. Es kann auch zu einem weiteren Absinken der Kerntemperatur durch den Rückfluss kalter Blutflüssigkeit aus den Extremitäten kommen.
Wie kann man nun bei all diesen Gefahren vorbeugen, was sollte man beachten, wenn man im Winter trotzdem rudern möchte?
- Die eigenen Fähigkeiten sollten besonders gut geprüft werden.
- Dem Wetter schenke man besondere Beachtung.
- Das Boots- und Rudermaterial überprüfe man auf Funktion und Ordnungsmäßigkeit intensiver als sonst üblich.
- Die eigene Rettung kann man vor der Fahrt mental planen.
- Ein wasserdicht und schwimmfähig verpacktes Handy mit programmierter Notrufnummer sollte man am Körper tragen (mindestens einer aus dem Boot).
- Im Kleinboot sollte man nicht allein, nur in Begleitung anderer oder des Trainers im Motorboot rausfahren.
- Eine Automatik-Rettungsweste ist zu empfehlen. Es gibt solche, mit denen man fast ungehindert rudern kann.
- Geeignete Kleidung, Hose enganliegend und atmungsaktiv, Jacke, hochatmungsaktiv und wasserdicht und Mütze in Signalfarbe können im Ernstfall von entscheidender Bedeutung sein.
- Renn- und Gig-Großboote haben oft zu wenig eigenen Auftrieb, hier helfen zusätzlich eingebrachte, aufgeblasene Luftsäcke. (Wir haben einige!)
Wie sollte man sich verhalten, wenn der Ernstfall des Kenterns oder Vollschlagens trotz aller Vorsicht doch eintritt? Hier einige Ratschläge!
- Kopf über Wasser behalten und Atmung unter Kontrolle bringen!
- Zusammen am Boot bleiben und den Körper so weit wie möglich aus dem Wasser bekommen, Oberkörper auf den Bootsrumpf legen, gegebenenfalls Ruder als Schwimmhilfe benutzen.
- Rettung durch lautes Rufen oder per Handy herbeirufen.
- "Positiv" denken, die Rettung kommt ganz bestimmt!!
- Kopfbedeckung/Mütze aufsetzen, Energie sparen.
- Wenn keine Möglichkeit besteht das Wasser zu verlassen: Kopf aus dem Wasser halten, alle Körperbewegungen minimieren und allenfalls die Beine bewegen.
- Die Entscheidung zur Selbstrettung durch Schwimmen ans Ufer sollte ausdrücklich der letzte Ausweg wegen Gefahrenstellen wie Wehren und Staustufen sein, weil sie am wenigsten Aussicht auf Erfolg hat." Dies trifft vor allen Dingen auf Flüsse und Seen, bei uns am Kanal nur bedingt zu.
Wie sollten sich Retter verhalten? Was kann man tun, um Verunglückten zu helfen?
- So schnell wie möglich professionelle Hilfe rufen.
- Wenn notwendig, geht man als Retter so langsam wie möglich ins Wasser, erst dann schwimmen, wenn die Atmung unter Kontrolle ist, sonst braucht man selbst Hilfe.
- Das Unfallopfer muss bei der Bergung so schnell wie möglich in die horizontale Lage gebracht werden, um einen Kollaps zu vermeiden.
- Decken schützen vor weiterem Wärmeverlust.
- Das Unfallopfer umgehend ins Krankenhaus bringen oder bringen lassen.
Auch in meinem Schlusssatz schließe ich mich den Ausführungen der Rudersport-Autoren Dr.med. Frank Praetorius, Kardiologe Offenbach und Carl-Friedrich Ratz, Berlin an: "Mit den Ideen und Maßnahmen sollen für Ruderer einfache Möglichkeiten zur Verbesserung der Sicherheit und Rettung aufgezeigt werden ohne Anspruch auf Methodenkompetenz und Vollständigkeit. Es sollte jeder selbst und hoffentlich im "Warmen" entscheiden."
Ich hoffe, dass niemand von uns in die Lage kommen wird, diese Ideen und Maßnahmen zu brauchen. In diesem Sinne: fröhliches Winterrudern!
Günther Risse
Zusatz:
In unserer Ruderordnung wird das Tragen von Schwimmwesten während der kalten Jahreszeit im Kleinboot empfohlen.
Im Herbst 2014 erfolgte eine Sammelbestellung von Schwimmhilfen im Hansa-Design bei der Firma Newwave (Stückpreis 189 Euro).
Weitere Infos zum Thema gibt es hier.
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