Die aktuellen Meldungen des Ruderclub Hansa Dortmund
"Eine Schonfrist gab es von Anfang an nicht."
Das erste Jahr im Amt ist vorbei. Anfang 2008 hatte Thomas Friedhoff die Leitung des Dortmunder Ruderstützpunktes von Klaus Walkenhorst übernommen.
Anfang 2008 hatte Klaus Walkenhorst die Leitung des vom Ruderclub Hansa getragenen Stützpunktes nach langen Jahren abgegeben (rchd1898.de berichtete). Sein Nachfolger Thomas Friedhoff ist Gewichtheber - und kannte die Ruderer bisher vor allem über seine Tätigkeit als stellvertretender Leiter des Olympiastützpunktes Westfalen. Das hat sich nun geändert.
rchd1898.de: Ein Jahr Amtszeit ist vorbei, die Schonfrist wohl auch. Was sind Ihre Eindrücke des ersten Jahres hier am Stützpunkt?
Thomas Friedhoff: Eine Schonfrist gab es von Anfang an nicht, muss ich sagen. Ich bin gleich in die „tieferen Geheimnisse“ eingeweiht worden. Vieles musste ich mir auch erarbeiten, vieles kennenlernen. Aber letztendlich hat die Alltagsproblematik gleich von Anfang an begonnen. Nach und nach haben sich viele Baustellen aufgetan. Das hängt natürlich auch mit der aktuellen Entwicklung im Deutschen Ruderverband zusammen, ganz klar.
Das beeinflusst die Stützpunktarbeit nachhaltig. Aber – noch sind wir vielen Problemen gewachsen, zumindest glauben wir das. Und insofern sehe ich erstmal keine großen Schwierigkeiten und habe keine großen negativen Erlebnisse, über die ich berichten könnte. Ich meine, mich einigermaßen eingearbeitet zu haben, bei der Vielfältigkeit der Lage. Es hilft natürlich, dass ich über den Olympiastützpunkt eine ganze Menge an Vor-Erfahrung mitgebracht habe und die Ruderer schon ein bisschen kannte.
Vor einem Jahr hatten Sie gesagt, man muss nicht alles umkrempeln, aber einiges. Was ist hier umgekrempelt, verändert worden?
Also wir haben hier ein paar Dinge neu organisiert, neu strukturiert, vor allem im verwaltungstechnischen Bereich. Wir haben etwa einige Handlungsabläufe ein bisschen ökonomisiert. Das musste auch sein. Nach außen fällt das jetzt aber kaum auf. Aber was wir auch gemacht haben, wir haben vielleicht – wobei ich die Situation vorher nicht genau beobachten kann – ein paar Kontakte enger geknüpft, insbesondere zum Landesruderverband. Dann haben wir mit der Sportstiftung NRW Kontakte geknüpft, die sich vielleicht in diesem Jahr auch finanziell auswirken. Das wäre für uns momentan sehr wichtig. Und wir haben die Stadt Dortmund noch stärker mit ins Boot rein genommen, obwohl die Stadt natürlich schon sehr stark involviert ist. Ansonsten nimmt die Tagesarbeit sehr viel Zeit in Anspruch. Wir agieren ja auch unter der ich sage mal „Richtlinienkompetenz“ des Deutschen Ruderverbandes. Der DRV gibt ja dann doch vieles vor. Wobei wir natürlich versuchen, eine größtmögliche Unabhängigkeit zu erhalten. Das muss man auch an einem Standort wie diesem hier.
Hat sich durch den Wechsel – auch bei den Trainern – etwas in Sachen Teamarbeit verändert?
Nachhaltig beeinflusst hat die Teamstimmung natürlich die Entscheidung des DRV, die Trainerschaft neu zu strukturieren und einen Cheftrainer zu installieren (vgl. Berichterstattung im Ruderblatt 4/2008). Das heißt, dass sich einige Versprechungen, die der Verbandspräsident persönlich übermittelt hat, dann in der Realität doch anders dargestellt haben. Das hat für einige Trainer natürlich ein Nachdenken mit sich gebracht. Aber das ist halt so, dass das jetzt erst einmal verordnet wurde. Ganz unglücklich sind wir mit der Situation nicht. Und ich denke, dass sich im Laufe der Zeit jetzt auch ein Teamgeist eingestellt hat, an dem man aber auch immer arbeiten muss. Das ist ganz klar.
Die Zuständigkeiten der Trainer hatten sich ja auch noch einmal verändert, auf Drängen der Dortmunder Seite. Ursprünglich war vom DRV ja eine andere Ansage gekommen.
Ja, es gab eine Ansage, dass Thomas Affeldt den Frauenbereich übernehmen soll, komplett neu aufbauen soll. Wir haben da meines Erachtens nach aber erst einmal eine einvernehmliche Lösung erzielt, die auch in der Praxis umsetzbar ist. Es gab ein bisschen Widerstand beim DRV, das ist ganz klar. Es hat auch dazu geführt, dass einige Leute im Ruderverband das wieder zum Anlass genommen haben, zu sagen, Dortmund sei gegen die Entwicklungen im Deutschen Ruderverband. Aber ich denke, wir haben letztlich überzeugt mit der Lösung und hoffentlich überzeugen wir auch in der Leistung in der Saison.
Und wie ist das Team aus den Querelen um die Olympischen Spiele herausgekommen? Hat das bleibenden Schaden hinterlassen?
Es ist wohl eine Besonderheit in der Ruderei, dass man über solche Dinge lange nachdenkt, und die Aufarbeitung solcher vermeintlichen Desaster ja vielleicht sogar nie bewältigt. Aber ich glaube, dass man hier am Standort Dortmund relativ unbeschadet raus gekommen ist. Die Konstellation hat sich hier natürlich geändert und sie muss sich neu zusammenfinden. Aber die Athletinnen und Athleten, die hier trainieren, die sind eingeschworen durch die Trainer. Und ich denke, sie haben eine große Standortaffinität entwickelt. Das hängt natürlich auch mit den sehr guten Bedingungen zusammen.
Wie bewerten Sie die Umstrukturierung aus dem Herbst denn aus Sicht der Stützpunktspitze?
Wir haben was die sportfachlichen Ergebnisse angeht noch überhaupt keine Erfahrungen. Es muss sich wirklich zeigen, ob sich das, was der Deutsche Ruderverband durchgesetzt hat, auch sportlich niederschlägt. Ich glaube im Gegensatz zu anderen nicht, dass man eine Schonfrist hat, dass man bei einem Weltcup sagt, ach ne, einen Frauenachter stellen wir erst einmal nicht. Wir sind im Fokus der Medien und wir müssen auch im nacholympischen Jahr Leistung bringen und das wird sich mit dem ersten Weltcup schon zeigen. Und da wird sich auch zeigen, ob der Cheftrainer mit seinen Ideen auch Recht hat. Das will ich nicht in Abrede stellen, vielleicht hat er ja Recht. Zurzeit wird das aber kritisch betrachtet.
Das Konzept des DRV stellt die Stützpunkte viel stärker in einen direkten Wettbewerb zueinander. Welche Ausgangsposition hat Dortmund da?
Ich kenne viele der anderen Standorte nur aus Erzählungen. Einige wenige habe ich schon gesehen. Aber ich glaube, wie gesagt, dass es in Dortmund nach wie vor super Rahmenbedingungen gibt. Ob man jetzt ein Konzept schreibt, oder nicht – ein Achter, ein Großboot kann aus meiner Sicht nur an wenigen Standorten gebildet werden. Und diese Rahmenbedingungen dafür haben sich in Dortmund ja nicht geändert. Wir haben nach wie vor ein gutes Trainingsrevier, gute Trainer und Bootsmaterial, ein Zentrum, das ausreicht, um eine ganze Menge Sportler „durchzuschleusen“. Wir haben ein Umfeld mit Unis, mit Wohnungen. Also ich glaube, dass wir in dem Bereich nach wie vor sehr konkurrenzfähig sind. Absolut.
Konkurrenzfähig auch in der Saison 2009? Wie ist Ihre Prognose?
Also ich hoffe, dass wir das sind. Das feste Ziel ist: ein Großteil der Boote, mit denen später der Cheftrainer Buschbacher die Großboote bestücken möchte, soll von diesem Standort kommen. Das heißt, wir müssen sehen, dass wir mit den Zweiern bei den Leistungstests immer auf die vorderen Plätze kommen. Das wäre die Idealvorstellung. Dann bleibt nichts anderes übrig, als Dortmund zu nominieren, um den Achter zu formieren. Vielleicht sogar die Achter, das wäre doch schön.
Und bisher läuft es auch in die Richtung?
Es gibt natürlich immer große Unsicherheiten. Wir haben die Trainingsmethodik etwas umgestellt. Aber unsere Trainer haben das Trainerhandwerk ja nicht verlernt. Und die Athleten auch nicht das Rudern. Im letzten Jahr haben wir 30 Leute zu den Olympischen Spielen geschickt. Die Platzierungen waren aus Ruderersicht vielleicht ein Desaster. Aber aus Sicht eines Stützpunktes ist es eine tolle Auszeichnung, wenn man sagt: wir haben es geschafft, mit unseren Methoden 30 Leute dahinzuschicken. Das ist eine sehr gute Basis. Und es gibt auch noch einige hoffnungsvolle Nachwuchsleute. Also ich sehe nicht ein, warum wir nicht auch schnell sein können.
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