Die aktuellen Meldungen des Ruderclub Hansa Dortmund
"Das war mein Sport"
70 Jahre ist Karl Heinz Weise im Ruderclub Hansa. Auf der vergangenen Jahreshauptversammlung erhielt er ein Ehrenzeichen aus den Händen des Hansa-Vorsitzenden Ulrich Hahn. Wolfram Kiwit sprach mit dem Hanseaten.
Wir treffen uns am Tag der offiziellen Vorstellung des Deutschland-Achters in der Firma. Die C. o. Weise GmbH [&] Co. KG baut Gerüste und produziert Leitern. Und errichtet jedes Jahr auf dem Hansaplatz den größten Weihnachtsbaum der Welt. Auch mit bald 90 Jahren schaut der Senior des Familienbetriebes hier an der Deusener Straße, ganz in der Nähe des Ruderclubs Hansa, gerne noch vorbei.
Lieber Herr Weise, ich rudere erst seit einem Jahr, Sie sind 70 Jahre im Verein. Respekt! Wie sind Sie Hanseat geworden?
Karl Heinz Weise: Geboren bin ich 1926 - ich werde in Kürze 90 Jahre alt. Es ist ein Glück, wenn man so alt werden darf. 1934 kam ich zur Oberrealschule, da gab es eine Ruderriege in einem städtischen Bootshaus. Und da ich hier im Dortmunder Norden wohnte, dauerte es nicht lange, da hatte ich den Schlüssel von diesem Bootshaus. Und so bin ich oft mit Freunden rudern gegangen. Was sollten wir auch sonst machen? Es war Krieg.
Wie ging"s weiter?
Später bin ich zur höheren Handelsschule gegangen, habe aber weiter gerudert. Wir sind bis nach Henrichenburg gefahren. Ohne Trainer, ohne Rennen, es war unser Vergnügen.
In welchen Booten waren Sie unterwegs?
Meist im Vierer mit Steuermann oder im Zweier. Dann musste ich mit der Schule nach Triberg im Schwarzwald, das war die Zeit der Kinderlandverschickung. Als ich zurückkam, war Rudern kein Thema, ich war erst zum Notdienst verpflichtet und wurde dann im Juni 1944 Soldat, fast zu meinem 18. Geburtstag.
Was war nach dem Krieg?
Als ich im August 1945 wiederkam, waren meine beiden Hände kaputt, alles war verbunden, man sieht die Folgen noch heute. Ich ging zum Ruderclub, traf meine Freunde, die nicht mehr im städtischen Club, sondern jetzt alle bei Hansa waren. Dadurch bin auch ich Hanseat geworden. Das war 1946.
Haben Sie denn, nachdem die Verletzungen auskuriert waren, wieder rudern können?
Ja, ich habe wieder rudern können, aber nur Riemen. Allein mit August Jeromin, das war ein alter Ruderer, mit dem konnte ich Doppelzweier fahren, der hat das irgendwie ausgeglichen, keine Ahnung, wie der das geschafft hat. Sonst konnte ich nur Riemen rudern.
Konnten Sie damals oft und regelmäßig rudern?
Nein, im Gegensatz zu andern musste ich schwer arbeiten. Wir hatten ja einen Gerüstbaubetrieb und alles lag in Schutt und Asche. Ich war dann plötzlich ein Gerüstbauer. Ich wollte gerne studieren. Durfte es aber nicht. Ich war der fünfte Gerüstbauer der Firma. Auf der anderen Seite war ich auch der Junior und musste entscheiden ob Hü oder Hott. Ich hatte zunächst überhaupt keine Ahnung davon.
Als Sie in den Ruderclub eintraten, war kein Wasser im Kanal.
Ja, der Kanal war durch Bomben beschädigt. Das Wasser ausgelaufen. Das kam erst später wieder. Wir haben in der Zeit die Halle des Ruderclubs, die Sie ja kennen, mit einer Rigips-Decke versehen, die wir unter dem Tonnengewölbe an Kanthölzern eingezogen haben. Das ist die Decke, die Sie heute dort sehen. Das weiß, glaube ich, heute keiner mehr.
Alle Ruderer kennen die Stellagen, in denen die Riemen und Skulls hängen, sie stammen von der Firma Weise, oder?
Die habe ich aus Gerüstmaterial erfunden. Und wir haben sie dann mit Rohren und Kupplungen gebaut. Es hieß, das sei vorübergehend. Aber es ist bis heute so geblieben. Und es ist ja gut. Verschleiß ist nicht möglich. Das hält.
Wohin sind Sie in der Zeit gerudert?
Auch bis Henrichenburg. Manchmal haben wir die Boote, die damals schwerer, aber auch stabiler als heute waren, umgetragen und sind noch auf dem Rhein-Herne-Kanal ein Stück gefahren, haben dann beim Bauern geschlafen und am nächsten Tag ging"s zurück.
Was ist für Sie das Besondere am Rudern?
Der Mannschaftssport. Rudern im Einer ist schwierig. Ich hatte keine Anleitung und bin sicher zehnmal aus dem Einer ins Wasser gefallen. Es machte mir nicht so viel Spaß. Am schönsten ist der Vierer, wenn das eine komplette Gemeinschaft ist, die fährt, ob mit oder ohne Steuermann.
Wann haben Sie mit dem Rudern aufgehört?
Ich habe vor Jahren, das ist vielleicht 20 Jahre her, noch einmal versucht zu rudern. Vier Hanseaten haben mich mitgenommen. Fragen Sie nicht, wie danach meine Hände aussahen. Da war für mich Schluss. Sie können ja auch nicht langsamer rudern als die anderen.
War Rudern über viele Jahre für Sie wichtig?
Das war mein Sport. Dazu kamen die Treffen im Bootshaus. Wir haben Karneval gefeiert, den Böse-Buben-Ball. Helmut Schulz hat das alles organisiert, ich kann Ihnen gar nicht aufzählen, wie viel Künstler da aufgetreten sind. Daher stammt auch der Herrenabend, den es ja noch heute gibt.
Interessiert Sie, was die Leistungsruderer so machen?
Das verfolge ich. Leider steht darüber in den Ruhr Nachrichten zu wenig. Über den Rudersport wird zu wenig berichtet.
Morgen machen wir eine ganze Seite über die Besetzung des Deutschland-Achters für Rio. Aber Sie haben Recht, der Fußball dominiert in Dortmund. Haben Sie das Ruder-Gen in der Familie weitergeben können?
Nein, meine Söhne haben in Dortmund und Aachen studiert, sie kamen nicht zum Rudern. Einer der jüngsten Enkel wollte rudern, ist dann aber nach Schottland gegangen und spielt dort jetzt Tennis und Golf.
Lieber Hanseat Weise, danke für das Gespräch.
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